Issue One

Text: Laura Caroline Bösl // Sammlungskuratorin noartcollect

Fluxus und Film 

Von Beginn an spielte das Medium Film, sowohl als spielerisch eingesetztes Element als auch zur Dokumentation von Aktionen, eine bedeutende Rolle im Umfeld von Fluxus. Ab 1964 kreierte Maciunas eine Kompilation von 41 FLUXFILMS verschiedener Künstler*innen, die auf Fluxus-Festivals gezeigt wurden und jeweils zwischen 10 Sekunden und 10 Minuten lang waren. Die versammelten Filme ähnelten einander in ästhetischer und konzeptioneller Hinsicht. Alltägliche Umgebungen und Bewegungen wurden auf humorvolle und für jeden zugängliche Weise in Szene gesetzt. Dabei zeigten die Filme, was ihr jeweiliger Titel bereits ankündigte und ironisierten das Medium Film als solches.

Für das Verständnis des Experimentalfilms war der Einfluss von Fluxus von entscheidender Bedeutung. Fluxus beeinflusste den zeitgenössischen Avantgarde- und Experimentalfilm nicht nur durch die FLUXFILMS, sondern insbesondere durch Maciunas’ Freundschaft zu Jonas Mekas (1922-2019). Mekas, ein herausragender Filmemacher, Musiker und Dichter, der während des Zweiten Weltkriegs inhaftiert worden war und acht Monate in einem Zwangsarbeiterlager in Deutschland verbracht hatte, kam im Spätherbst 1949 nach New York. Dort gründete er die Zeitschrift Film Culture (1954–1996) und die Film-makers’ Cooperative (1962), eine unabhängige und nichtkommerzielle Organisation von Filmemachern, die sich der Verbreitung der alternativen Filmkultur verschrieb. Deren Veranstaltungsreihe Film-Makers’ Cinematheque (1964-1970) zeigte an wechselnden Orten Experimentalfilme amerikanischer und europäischer Filmemacher. 1970 ging aus ihr das ebenfalls von Mekas gegründete Projekt Anthology Film Archives hervor, das die weltgrößte Sammlung von Avantgarde-Filmkunst beherbergt.

Seit 1951 verband ihn eine enge Freundschaft mit Maciunas, der als Programmgestalter, Designer und Vermieter lange Zeit mit den Aktivitäten und Publikationen im Umfeld des New American Cinema verbunden war. Der Sitz der Film-Makers‘ Cinematheque im Erdgeschoss des Fluxhouse in der Wooster Street 80, wo Maciunas wohnte und ab 1966 Künstlerwohnungen auf Genossenschaftsbasis einrichtete, wurde zu einem Treffpunkt für Künstler*innen, Filmemacher*innen, Autor*innen und Regisseur*innen. 

Literatur

Frank, Peter: Kunst um des Lebens willen: Der Einfluss von Fluxus auf die zeitgenössische Kultur, in: KUNSTFORUM International, Fluxus – ein Nachruf zu Lebzeiten, Bd. 115, September/Oktober 1991, S. 216-224, hier S. 219f.

Lammert, Angela: Filme ausstellen, in: Frohne, Ursula/Haberer, Lilian/Urban, Annette (Hrsg.): Display / Dispositiv. Ästhetische Ordnungen, München 2019, S. 139-164, hier S. 148.

Rabinovitz, Lauren: Wearing the Critic’s Hat. History, Critical Discourses, and the American Avant-Garde Cinema, in: James, David E.: To Free the Cinema: Jonas Mekas & the New York Underground, Princeton University Press 1992, S. 268-283.

Stenzer, Christine: Hauptdarsteller Schrift. Ein Überblick über Schrift in Film und Video von 1895-2009, Würzburg 2010, S. 159.

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